Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (2024)

Das war knapp für den Jeep Wrangler Rubicon: Um gerade einmal 13 Punkte verfehlte er den bisherigen Supertest-Sieger Range Rover und gastiert seit September 2007 auf Gesamtrang zwei unserer ewigen Bestenliste. Ein sauberes Ergebnis für den Urahn aller Geländewagen.

Der Jeep Wrangler ist ein Kumpeltyp

Das betrifft nicht nur die einzigartige Bauform – nach einem anderen viertürigen Cabrio aus aktueller Produktion wird man lange suchen müssen. Dazu kommt das Jeep-Feeling, das der Wrangler auch als Diesel vermitteln kann: Ein bisschen knorrig, nicht weichgespült. Handfest, ehrlich, aufrecht. Ein Kumpeltyp. Der Dieselmotor macht auf Trucker-Romantik: Immer zu hören, immer zu spüren, mit nachhaltigem Druck und wenig Freude an hohen Drehzahlen. Damals, als es noch keine Q5 oder X3 gab, fühlte sich so ein echter Geländewagenmotor an. Genau betrachtet, tut der Wrangler deshalb auch noch etwas für die Allgemeinbildung des Offroader-Nachwuchses.

Auch Langstrecken sind für den Jeep Wrangler kein Problem

Wer sich für das Fünfgang-Automatikgetriebe entscheidet, wie es im Testwagen zu finden war (Aufpreis: 900 Euro), bekommt zweierlei: 50 Newtonmeter mehr Drehmoment als mit dem Schaltgetriebe – dem traut Chrysler nur 410 Newtonmeter zu – und die Wiederentdeckung der Gemütlichkeit, wenn das Auto nach kalten Nächten zur Arbeit gerufen wird. Erst nach ein, zwei Kilometer Fahrstrecke fühlt sich die Automatik nicht mehr an, als müsse der Vierzylinder in zähem Teig rühren. Das Getriebe ist auch sonst nicht gerade ein Wunder an Spontanität, passt aber recht gut zum Wrangler mit Diesel. Der ist etwas für unaufgeregte Genießer. Die Fahrleistungen reichen völlig aus, Langstrecken sind – bis auf die recht hohe Geräuschkulisse – überhaupt kein Problem.

Test Wertungen

Unterboden

34

maximal 10 Punkte

Die Trittbretter sind höher montiert als die Rahmenunterzüge, stören also nicht gravierend. Der monströse vordere Überhang ist komplett aus Kunststoff wie auch die allenfalls als Spritzschutz taugliche Schürze unter dem Motor. Tief und quer zur Fahrtrichtung sitzt der Auspuffendtopf. Der rechts angebrachte Tank ist doppelwandig, verträgt deshalb auch einen derben Stoß von Felsen oder Baumstümpfen. Ein altes Jeep-Leiden ist das sehr weit unten platzierte Getriebe, beim Wrangler auf einen Querträger geschraubt.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (1)

Jeep

Verschränkung

171

maximal 200 Punkte

Wider Erwarten limitiert ihn die lange Nase nicht zu sehr - sie ist hoch genug, um in den Steilstücken nicht anzuecken. Die erste Sektion hakt der Wrangler im Standgas dahinrollend ab, keine besonderen Vorkommnisse. Erst in den steilen Wellen knirscht es hörbar von unten - der Getriebeträger. Der Leiterrahmen bringt Stabilität, auch bei der bemerkenswert guten vollen Verschränkung klemmen die Türen nur minimal. Trotz Untersetzung läuft der Wrangler im Standgas etwas zu schnell. Zweimal hebelt es den Jeep so weit aus, dass diagonal die Räder durchdrehen und die Traktionskontrolle eingreifen muss. Die funktioniert aber mustergültig.

Fahrwerk

88

maximal 100 Punkte

Erstaunlich, wie sehr sich die Abstimmung und der lange Radstand auswirken: Der lange Unlimited geht die Fahrwerkprüfung im Geröllhang komfortabler an als der kurze Rubicon. Federn und Dämpfer passen gut zueinander, lassen den Jeep mit wenig Karosseriebewegung und viel Achsarbeit über die Steinbrocken stolzieren. Die Traktionskontrolle ist nicht gefordert, bergab genügt ihm die Motorbremse, ohne dass er ins Stolpern kommt. Hier ist der Rubicon mit dem entkoppelbaren Stabi nur minimal besser.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (3)

Jeep

Steigfähigkeit

138

maximal 200 Punkte

Für eine ausreichende Motorbremswirkung ist ein Automatikgetriebe üblicherweise nicht die erste Wahl, doch das im Diesel-Wrangler ist in Verbindung mit der 4,1er-Achsübersetzung und der kurzen Geländestufe gut vorbereitet - Damit genügt die Motorbremse immerhin für bis zu 35 Prozent Gefälle, erst ab 45 Prozent muss leicht mitgebremst werden. An anderer Stelle überrascht die Automatik und beschert dem Unlimited Szenenapplaus: Selbst in der steilsten Steigung hält der Getriebewandler das Auto zuverlässig im Stillstand, eine Berganfahrkontrolle könnte das - zumindest bis zu diesem Steigungsgrad - nicht besser. So bleibt auch Geländeneulingen im Zweifel genug Zeit, um vom Brems- auf das Gaspedal zu wechseln. Entsprechend gelingt das Anfahren in allen Steigungsbahnen problemfrei.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (4)

Jeep

70

maximal 100 Punkte

Das legendäre Kart-Feeling, das der kurze Wrangler seit 22 Jahren bietet, ist auch beim Unlimited mit langem Radstand spürbar. Er lässt sich nicht ganz so spielerisch um Ecken werfen, gibt sich aber dennoch redlich Mühe. Die Seitenneigung ist deutlich, angesichts des langhubigen Schraubenfederfahrwerks jedoch weniger dramatisch als bei identischen Konzepten anderer Hersteller. Das gute Bild von Fahrwerk und Lenkung erreicht die Diesel-Automatik-Kombination nicht - rasche Fortbewegung ist damit nur nach ausführlicher Ansage möglich. Die Automatik will überredet werden, auch einmal in den Kickdown zu gehen, also wählt man lieber gleich den gewünschten Gang vor. Selbst dann scheinen etliche der versprochenen 177 PS irgendwo zwischen Kurbelwelle und Rädern verloren zu gehen. Hohe Drehzahlen mag der Diesel überhaupt nicht, da bleibt der Wrangler ein Klassiker durch und durch. Das ESP greift trotz Abschaltung mit Restregelung ein, wenn lediglich der Allrad zugeschaltet ist. In der Untersetzung bleibt es aber komplett deaktiviert.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (5)

Jeep

Wat-Verhalten

82

maximal 100 Punkte

Die Kunststoffverkleidung unterhalb des Motors geht buchstäblich baden, sie ist dem Druck des Wassers bei der Durchfahrt nicht gewachsen und löst sich aus den Befestigungen. Die Lichtmaschine ist weit oben angebracht, die Luftansaugung in Haubenhöhe schenkt ebenfalls Vertrauen. Bei der offiziell genehmigten Wattiefe von 48 Zentimetern befindet sich die Wasserlinie unterhalb des Einstiegs, innen bleibt es trocken. Mit dem Wrangler könnte man sich auch durch tiefere Gewässer wagen. Die Scheinwerfer und Nebelleuchten geben sich ebenfalls unbeeindruckt.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (6)

Jeep

Übersichtlichkeit / Wendigkeit

54

maximal 100 Punkte

Vergleicht man das Verhältnis Außenlänge zu Radstand, gibt es verwunderte Gesichter: Die Achsen stehen fast drei Meter auseinander, obwohl der Wrangler lediglich 4,75 Meter lang ist. Entsprechend tut er sich auch ein bisschen schwer, geschmeidig durchs Gehölz zu huschen. Der einigermaßen passable Wendekreis erzählt da nur die halbe Geschichte. Die Einschätzbarkeit leidet unter den zahlreichen Verbreiterungen, Schwellern, An- und Vorbauten - da fährt man öfter nach Gehör, als einem lieb sein kann. Überrollbügel, Kopfstützen und D-Säulen erschweren den Durchblick nach schräg hinten. Auffällig ist die extreme Verspannung des starren Allrads - eine Jeep-Spezialität: Die bei allen Modellreihen verwendeten Hohl-Kardanwellen können keinerlei Torsionskräfte aufnehmen, die Kurvenfahrt mit eingelegtem Allrad gelingt nur auf sehr glattem Untergrund ohne wildes und materialfressendes Rupfen.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (7)

Jeep

Traktion

41

maximal 50 Punkte

Der in der Handling-Wertung freudlos grummelnde Diesel und die nicht sonderlich spontane Automatik bekommen hier die Absolution. Denn mit dem machtvollen Antritt aus dem Stand liefert der Motor genau das, was man im tiefen Boden braucht: ansatzlose Kraft aus dem Keller. Und die Automatik lässt ganz feinfühliges Dosieren zu. So kann man selbst bei tief eingesunkenen Rädern sehr einfach anfahren, ohne den Untergrund umzugraben. Die Durchfahrt hakt der Wrangler trotz seines stattlichen Gewichts ebenfalls recht unbeeindruckt ab. Er kommt schnell in Schwung und fliegt förmlich über den Tiefsand – ein Reifezeugnis nicht nur für die ganz großen Dünen, sondern auch für bodenlose Schlammlöcher.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (8)

Jeep

Antriebssystem

76

maximal 100 Punkte

Der Wrangler Unlimited muss auf die Achssperren des Rubicon verzichten. Bemerkenswert, wie weit er ohne diese Hilfen kommt. Denn sowohl das Anfahren im tiefen Sandhang als auch die Attacke auf den Gipfel stellt für ihn keine wirklich große Aufgabe dar. Auch nicht, wenn man ihm keinen Anlauf gönnt. Die Traktionskontrolle lässt sich nichts anmerken - kein spürbarer Bremseneinsatz, kein Signal im Instrument. Das ist, obwohl es paradox klingen mag, perfekt. Denn so kann der Wrangler ohne ungewollte Bremseingriffe, die ihm unnötig Vortriebskraft rauben würden, tüchtig mit allen Rädern schaufeln. Teilweise werfen im Sandhang tatsächlich alle vier Reifen gleichzeitig Fontänen in die Luft. Die Traktionskontrolle regelt offensichtlich erst dann herzhaft, wenn ein Rad komplett den Bodenkontakt verliert. So soll es sein. Der wilde Ritt bringt während der diversen Messfahrten lediglich das ESP einmal kurz aus der Fassung. Obwohl es abgeschaltet ist, wird eine Fehlfunktion signalisiert. Ein Reset des Steuercomputers per Motorneustart behebt das Problem.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (9)

Jeep

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD im Supertest: Doch nicht der beste Jeep Wrangler? (2024)

References

Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Delena Feil

Last Updated:

Views: 6201

Rating: 4.4 / 5 (45 voted)

Reviews: 84% of readers found this page helpful

Author information

Name: Delena Feil

Birthday: 1998-08-29

Address: 747 Lubowitz Run, Sidmouth, HI 90646-5543

Phone: +99513241752844

Job: Design Supervisor

Hobby: Digital arts, Lacemaking, Air sports, Running, Scouting, Shooting, Puzzles

Introduction: My name is Delena Feil, I am a clean, splendid, calm, fancy, jolly, bright, faithful person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.