Nelarabin - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (2024)

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Nelarabin ist ein Zytostatikum aus der Gruppe der Purinanaloga, das zur Behandlung der beiden seltenen, akut lebensbedrohlichen Krebserkrankungen akute lymphoblastische T-Zell-Leukämie (T-ALL) und lymphoblastisches T-Zell-Lymphom (T-LBL) indiziert ist. Das Orphan drug wirkt über eine Hemmung der DNA-Synthese und ist eine Vorstufe des Desoxyguanosinanalogons ara-G. Eine dosislimitierende Toxizität von Nelarabin ist die Neurotoxizität.

Nelarabin: Wirkstoff-Monographien

Nelarabin 5 mg/ml Lösung zur Infusion (Parenterale Anwendung)

Nelarabin: Übersicht

Anwendung

Wirkmechanismus

Pharmakokinetik

Nebenwirkungen

Wechselwirkungen

Kontraindikationen

Schwangerschaft

Stillzeit

Verkehrstüchtigkeit

Anwendungshinweise

Alternativen

ATC Code

  • L01BB07 - Nelarabin

Nelarabin - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (7)

Anwendung

Der Wirkstoff Nelarabin (Atriance) ist angezeigt zur Behandlung von Patienten mit akuter lymphoblastischer T-Zell-Leukämie (T-ALL) und lymphoblastischem T-Zell-Lymphom (T-LBL), deren Erkrankung nicht auf vorangegangene Behandlungen mit mindestens zwei Chemotherapieschemata angesprochen hat oder rezidiviert ist.

Der entscheidende Prognosefaktor für die T-ALL ist der immunologische Subtyp. Die thymische T-ALL besitzt Heilungsraten von 60 bis 70% mit alleiniger zytostatischer Chemotherapie. Die Überlebensraten der frühen und reifen T-ALL fallen mit Heilungsraten von 20 bis 30% ungünstiger aus. Durch Stammzelltransplantation in erster Remission konnte jedoch eine Verbesserung der Prognose (>50%) erreicht werden.

Die T-LBL wird wie die T-ALL behandelt, allerdings ohne eine Erhaltungstherapie.

Anwendungsart

Nelarabin ist in Form einer Infusionslösung auf dem deutschen Markt verfügbar.

Wirkmechanismus

Nelarabin gehört zur Wirkstoffgruppe der Antimetaboliten und ist eine Vorstufe von Desoxyguanosin ara-G (2-Amino-9-beta-D-arabinofuranosyl-6-methoxy-9-H-guanin), das nach Abspaltung der Methoxygruppe durch das Enzym Adenosindeaminase im Serum aufgenommen und intrazellulär in das aktive Triphosphat durch die Desoxyguanosinkinase und Desoxycytidinkinase phosphoryliert wird. Ara-GTP konkurriert dann mit Guanintriphosphat um den Einbau in die DNA durch die DNA-Polymerase, was zu einer Hemmung der DNA-Synthese und schließlich zur Apoptose führt.

Nelarabin - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (8)

Pharmakokinetik

Resorption

Erwachsene

  • Im Allgemeinen traten die Cmax-Werte von ara-G im Plasma am Ende der Nelarabin-Infusion auf und waren generell höher als die Cmax-Werte von Nelarabin, was auf eine schnelle und weitgehende Umwandlung von Nelarabin in ara-G schließen lässt.
  • Nach Infusion von 1.500 mg Nelarabin/m2 über zwei Stunden bei erwachsenen Patienten betrugen die mittleren (Variationskoeffizient in %) Cmax- und AUCinf-Werte von Nelarabin im Plasma 13,9 μM (81%) bzw. 13,5 μM.h (56%).
  • Die mittleren Cmax- und AUCinf-Werte von ara-G im Plasma betrugen 115 μM (16%) bzw. 571 μM.h (30%).
  • Die intrazelluläre Cmax von ara-G trat innerhalb von 3 bis 25 Stunden am Tag 1 auf.
  • Die mittleren(Variationskoeffizient in %) intrazellulären Cmax- und AUC-Werte von ara-GTP betrugen 95,6 μM (139%) und 2214 μM.h (263%) bei dieser Dosis.

Kinder und Jugendliche

  • Nach Infusion von 400 oder 650 mg/m2 Nelarabin über eine Stunde bei 6 pädiatrischen Patienten betrugen die mittleren (Variationskoeffizient in %) Cmax- und AUCinf-Werte von Nelarabin im Plasma, auf 650 mg/m2 normiert, 45,0 μM (40 %) bzw. 38,0 μM (39 %).
  • Die mittleren Cmax- und AUCinf-Werte von ara-G im Plasma betrugen 60,1 μM (17 %) bzw. 212 μM.h (18 %).

Verteilung

  • Auf Basis der kombinierten Pharmakokinetik-Daten aus der Phase I mit Nelarabin Dosen von 104 bis 2.900 mg/m2 zeigen Nelarabin und ara-G ein beträchtliches Verteilungsvolumen.
  • Spezifisch für Nelarabin betrugen die mittleren (Variationskoeffizient in %) Vss-Werte 115 l/m2 (159%) bei erwachsenen bzw. 89,4 l/m2 (278%) bei pädiatrischen Patienten.
  • Für ara-G betrugen die mittleren (Variationskoeffizient in %) Vss-Werte 44,8 l/m2 (32 %) bei erwachsenen bzw. 32,1 l/m2 (25 %) bei pädiatrischen Patienten.
  • Nelarabin und ara-G binden in vitro nicht wesentlich an menschliche Plasmaproteine (weniger als 25%), die Bindung ist bis in den Bereich von 600 μM unabhängig von den Nelarabin- oder ara-G-Konzentrationen.
  • Sowohl nach täglicher Gabe von Nelarabin als auch nach Gabe an den Tagen 1, 3 und 5 wurde keine Akkumulation von Nelarabin oder ara-G im Plasma beobachtet.
  • Die intrazellulären ara-GTP-Konzentrationen in leukämischen Blasten waren über einen längeren Zeitraum nach der Gabe von Nelarabin quantifizierbar.
  • Intrazelluläres ara-GTP akkumuliert nach wiederholter Gabe von Nelarabin.
  • Beim Tag-1-3-5-Schema waren die Cmax- und AUC(0-t)-Werte am Tag 3 ungefähr 50% bzw. 30% höher als die Cmax- und AUC(0-t)-Werte an Tag 1.

Biotransformation

  • Der Hauptweg der Metabolisierung von Nelarabin verläuft über die O-Demethylierung durch die Adenosindeaminase zum ara-G, aus dem durch Hydrolyse Guanin entsteht.
  • Ein Teil des Nelarabins wird zum Methylguanin hydrolysiert, aus dem durch O-Demethylierung Guanin entsteht.
  • Aus Guanin wird durch N-Desaminierung Xanthin gebildet, das weiter zur Harnsäure oxidiert wird.

Elimination

  • Nelarabin und ara-G werden rasch aus dem Plasma mit einer Halbwertszeit von ungefähr 30 Minuten bzw. 3 Stunden eliminiert. Diese Ergebnisse wurden bei Patienten mit refraktärer Leukämie oder Lymphom gefunden, denen eine Dosis von 1.500 mg Nelarabin/m2 (Erwachsene) oder 650 mg/m2 (Kinder) gegeben wurde.
  • Die kombinierten Pharmakokinetikdaten aus der Phase I mit Nelarabin-Dosen von 104 bis 2.900 mg/m2 weisen die mittleren (Variationskoeffizient in %) Clearance (CL)-Werte für Nelarabin mit 138 l/h/m2 (104%) bzw. 125 l/h/m2 (214%) bei erwachsenen bzw. pädiatrischen Patienten am Tag 1 (Erwachsene n=65; pädiatrische Patienten n=21) aus.
  • Die scheinbare Clearance von ara-G (CL/F) ist zwischen beiden Gruppen am Tag 1 vergleichbar [9,5 l/h/m2 (35%) bei erwachsenen Patienten und 10,8 l/h/m2 (36%) bei pädiatrischen Patienten].
  • Nelarabin und ara-G werden teilweise über die Nieren ausgeschieden. 24 Stunden nach der Nelarabin-Infusion am Tag 1 betrug bei 28 erwachsenen Patienten die mittlere Urinexkretion von Nelarabin bzw. ara-G 5,3% bzw. 23,2% der verwendeten Dosis. Die renale Clearance betrug im Durchschnitt 9,0 l/h/m2 (151%) für Nelarabin und 2,6 l/h/m2 (83%) für ara-G bei 21 erwachsenen Patienten.
  • Da der zeitliche Verlauf der intrazellulären ara-GTP-Konzentrationen verlängert war, konnte die Eliminationshalbwertszeit nicht exakt bestimmt werden.

Dosierung

  • Die empfohlene Dosis für Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahren beträgt 1.500 mg/m2. Die Applikation erfolgt intravenös über zwei Stunden an den Tagen 1, 3 und 5 alle 21 Tage.
  • Die empfohlene Dosis für Kinder und Jugendliche (21 Jahre und jünger) beträgt 650 mg/m2, intravenös gegeben über eine Stunde an 5 aufeinanderfolgenden Tagen alle 21 Tage.

In der Altersgruppe zwischen 16 bis 21 Jahren wurde in klinischen Studien sowohl die 650 mg/m2 Dosis als auch die 1.500 mg/m2 Dosis angewendet und die Wirksamkeit und Sicherheit der beiden Behandlungsschemata waren vergleichbar. Der verschreibende Arzt sollte sorgfältig abwägen, welches Schema für die Behandlung von Patienten in dieser Altersgruppe geeignet ist.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen von Nelarabin in klinischen Studien waren:

  • Müdigkeit
  • Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
  • hämatologische Erkrankungen
  • Atemwegserkrankungen
  • Erkrankungen des Nervensystems (Somnolenz, periphere neurologische Störungen [sensorisch und motorisch], Schwindel, Hypoästhesie, Parästhesie, Kopfschmerzen)
  • Fieber

Neurotoxizität ist die dosislimitierende Toxizität von Nelarabin.

Wechselwirkungen

Nelarabin und ara-G hemmten in vitro nicht die Aktivität der wichtigsten hepatischen Cytochrom P450 (CYP)-Isoenzyme CYP1A2, CYP2A6, CYP2B6, CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6 oder CYP3A4.Die gleichzeitige Anwendung von Nelarabin mit Adenosindeaminase-Inhibitoren wie Pentostatin wird nicht empfohlen. Die gleichzeitige Anwendung kann die Wirksamkeit von Nelarabin verringern und/oder das Profil der unerwünschten Ereignisse jedes Wirkstoffs verändern.

Kontraindikationen

Nelarabin darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.

Schwangerschaft

Es liegen keine oder nur eine begrenzte Menge an Daten für die Verwendung von Nelarabin bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Das potentielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt, jedoch kann eine Exposition in der Schwangerschaft wahrscheinlich zu Anomalien und Missbildungen des Fötus führen.

Nelarabin darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist zwingend erforderlich. Sollte eine Patientin unter der Behandlung mit Nelarabin schwanger werden, muss sie über mögliche Gefahren für ihr ungeborenes Kind aufgeklärt werden.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Nelarabin oder seine Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Ein Risiko für Neugeborene/Kinder kann nicht ausgeschlossen werden. Das Stillen soll während der Behandlung mit Atriance unterbrochen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Nelarabin hat großen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Patienten haben unter der Behandlung mit Nelarabin ein potentielles Risiko, während der Behandlung und einige Tage danach an Somnolenz zu leiden. Die Patienten müssen gewarnt werden, dass Somnolenz die Durchführung anspruchsvoller Tätigkeiten wie Autofahren beeinflussen kann.

Anwendungshinweise

Unter der Behandlung mit Nelarabin wurde über schwere neurologische Nebenwirkungen berichtet. Die sich äußern kann durch veränderte psychische Zustände äußern kann wie:

  • ausgeprägte Somnolenz
  • Verwirrtheit und Koma
  • Störungen des zentralen Nervensystems einschließlich Konvulsionen, Ataxie und Status epilepticus
  • periphere Neuropathien, einschließlich Hypoästhesie, die von einem Taubheitsgefühl und Parästhesien bis zu motorischer Schwäche und Paralyse reichten

Darüber hinaus sind mit Demyelinisierung verbundene Nebenwirkungen und aufsteigende periphere Neuropathien ähnlich einem Guillain-Barré-Syndrom möglich.

Nicht immer führte das Absetzen von Nelarabin zu einer vollständigen Rückbildung dieser Nebenwirkungen. Daher wird eine engmaschige Überwachung auf neurologische Nebenwirkungen dringend empfohlen.

Alternativen

Immucillin-H (Forodesin) ist ein neuartiger Wirkstoff aus der Gruppe der Purin-Nukleosid-Phosphorylase (PNP)-Inhibitoren, der wie Nelarabin für die Therapie der T-ALL entwickelt wurde, sich jedoch noch in klinischen Studien befindet.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:

297.27 g·mol-1

Autor:

Désirée Christin Flügel (Apothekerin)

Stand:

17.01.2022

Quelle:

  1. EMA: Fachinformation Atriance 5 mg/ml Infusionslösung
  2. Kadia TM, Gandhi V. Nelarabine in the treatment of pediatric and adult patients with T-cell acute lymphoblastic leukemia and lymphoma. Expert Rev Hematol. 2017 Jan;10(1):1-8. doi: 10.1080/17474086.2017.1262757 . Epub 2016 Dec 8. PMID: PMCID: PMC5578611.
  3. Berg SL, et al. Phase II study of nelarabine (compound 506U78) in children and young adults with refractory T-cell malignancies: a report from the children’s oncology group. J Clin Oncol 2005;23:3376–82
  4. Arzneimitteltherapie Behandlung maligner Erkrankungen der T-Zell-Reihe (T-ALL, T-LBL); 2009;27:35–42

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